Meßfeier        

        

 

„Melchisedek, der König von Salem, brachte Brot und Wein heraus.  

Er war Priester des Höchsten Gottes.“

(Gen 14,18 EU)

 

RÜCKBLICK:

 

Schon die Einsetzungsworte Christi beim letzten Abendmahl  

(Mt 26,26ff.par.EU) geben die Grundstruktur der Eucharistiefeier vor:

Am Abend vor seinem Leiden

nahm Jesus das Brot (Engegennahme der Opfergaben)

sprach das Dankgebet (Eucharistisches Hochgebet)

brach es (Brotbrechung),

und reichte es seinen Jüngern (Kommunion)...“

 

Bereits im 2. Jahrhundert beschreibt Iustin eine vollständige Meßfeier (Apologie I,65-67).

 

Die Meßfeier spielte im Abendland eine außerordentliche Rolle, da andere Gottesdienste (wie beispielsweise das Stundengebet) nie populär wurden.

 

Zur besseren Erklärung folgt nun eine idealisierte Anordnung der Meßfeier:

 

  1. (Stationsgottesdienst)
  2. Prozession zur Kirche
  3. Gebet
  4. Lesungen
  5. Fürbitten
  6. Entlassung der Katechumenen
  7. Friedenskuß
  8. Gabenprozession
  9. Gebet
  10. Diptychen
  11. Dankgebet
  12. Epiklese
  13. Brotbrechung
  14. Herrengebet
  15. Entlassung der Büßer
  16. Kommunionsprozession mit Gebet
  17. Agape

 

1   Stationsgottesdienst

Stationsgottesdienste fanden in Rom überwiegend in der goßen Fastenzeit statt. Dabei versammelten sich die Gläubigen in einer nahegelegenen Kirche (Collecta). Von hier aus zog die Prozession in die Stationskirche, um dort die Messe zu feiern.

 

[Fand an Tagen ohne Stationsgottesdienst eine Meßfeier unter der Leitung des Bischofs statt (Pontifikalamt), so wurde die Einkleidung und die Vorbereitungsgebete in einer Seitenkapelle vollzogen. Zur gleichen Zeit betete das Kirchenvolk die Terz (Stundengebet).

Analog dazu fand bei der priesterlichen Meßfeier im Mittelalter die Einkleidung und die Vorbereitungsgebete in der Sakristei statt. Die Gläubigen beteten währenddessen den Rosenkranz. Bereits zum Rosenkranzgebet wurde Zeichen mit einer Glocke gegeben („Erstläuten“).

 

Seit dem Mittelalter wurde - vor der eigentlichen Meßfeier – am Altar:

- An Sonntagen das Weihwasser ausgeteilt („Asperges me“ oder „Vidi  

      aquam“)

- Das Stufengebet („Introibo“ & „Confiteor“) gebetet.

 

 

2   Prozession zur Kirche

Bei der Prozession zur Kirche wurden Psalmen gesungen (Introitus), und beim Einzug eine Fürbittlitanei oder nur Kyrie eleison gebetet.

Beim Pontifikalamt wurde Weihrauch und das Prozessionskreuz vorangetragen.

 

 

3   Gebet

Das Tagesgebet (Collecta) hatte die Funktion, die Einzugsprozession und die Fürbittlitanei abzuschließen. Es nahm Bezug auf den entsprechenden Festtag.

Tagesgebet, Gabengebet, Hochgebet, Schlußgebet, usw. zählen zu den Präsidialgebeten, und wurden vom Hauptzelebranten vorgetragen.

Im Mittelalter folgte, im Anschluß an die Collecta, bei besonderen Anlässen eine gesungene Litanei für den Papst bzw. Herrscher („Laudes Regiæ“).

Mit der Zeit setzte sich der ostkirchliche Morgenhymnus („Gloria in excelsis Deo“) in der Meßfeier durch. Heute wird das Gloria an Sonn- und Festtagen außerhalb der Advents- und Fastenzeit gesungen.

 

4   Lesungen

Siehe: Leseordnung.

Aus der anschließenden Predigt entwickelte sich im Mittelalter ein eigener Gottesdienst: Prädikantengottesdienst! Er diente den Bettelorden und den Reformatoren als Plattform. Der Aufbau war lokal sehr unterschiedlich (Bsp.: Evangelium in deutsch, Predigt, Allgemeines Kirchengebet, Pater noster, Ave Maria, Glaubensbekenntnis, Dekalog, Schuldbekenntnis, Abschluß).

 

 

5   Fürbitten

Mit der Einführung der Diptychen [ähnlicher Inhalt wie die Fürbitten] in die Meßfeier, wurden die Fürbitten in Form der Kyrielitanei an den Anfang der Messe gestellt.

Nur bei Wortgottesdiensten - ohne anschließende Eucharistiefeier - konnten die Fürbitten ihre alte Form und ihren ursprünglichen Platz bewahren: Karfreitag.

 

 

6   Entlassung der Katechumenen

Mit dem Erlöschen des Katechumenats wurde auch die Entlassung der Katechumenen fallen gelassen.

Im Mittelalter wurde an dieser Stelle das Glaubensbekenntnis („Credo“) für Sonn- und Feiertage eingeführt.

 

 

7   Friedenskuß

„Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe.“  (Mt 5,23f.EU)

 

Bereits seit dem fünften Jahrhundert wurde die Pax in Rom und Nordafrika unmittelbar vor der Kommunion gespendet.

 

 

8   Gabenprozession

Bis in die jüngere Vergangenheit gingen die Gläubigen in Süddeutschland bei der Meßfeier für Verstorbene (Requiem) zum Altarraum, um dem Priester einen kleinen Obulus (Geldspende) zu übergeben. Diese „Opfergänge“ reichen in Rom bis in die Frühzeit der Kirche zurück. Dabei übergaben alle Gottesdienstteilnehmer dem Zelebranten Naturalien (Brot, Wein, Öl, Kerzen,...), welche für die Armen (urspr. für die Agapefeier) und die Kirche bestimmt waren. Aus den abgegebenen Opfergaben (Oblationen) wurden Brot und Wein für die Eucharistiefeier ausgewählt und auf den Altar gestellt.

Die Opfergaben wurden beweihräuchert.

Anschließend folgte die Händewaschung des Zelebranten.

Während der Gabenbereitung wurde ein antiphonaler Psalm gesungen (Offertorium).

 

Im Mittelalter wurden Opfergebete über Brot und Wein eingeführt.

 

 

9   Gabengebet

Innerhalb der Meßfeier gab es drei Prozessionen:

- Einzug in die Kirche

- Herbeibringung der Gaben

- Kommunion

Diese wurden jeweils mit einem Gebet abgeschlossen.

 

10   Diptychen

Bei den Interzessionen gedachte man aller Stände der Kirche (der Heiligen, der Kirche, der Lebenden und Verstorbenen). Dabei wurden Namenslisten (Diptychen) verlesen.

Man betete auch für diejenigen, welche ihre Spenden (Opfergaben) gebracht haben, und für diejenigen, welche man nach ihrer Meinung beten sollte (z. B. verstorbene Angehörige).

Das Diptychengebet wurde in Rom und Alexandria um das Opfergebet gelegt, im syrischen Ritenkreis nach der Epiklese, und im altspanischen und gallikanischen Ritus nach der Gabenbereitung.

 

Im Mittelalter explodierte besonders in den Klöstern die Anzahl der täglichen Meßfeiern. So konnte man für einen kleinen Obulus (Meßstipendium) eine ganze Meßfeier für ein einziges Anliegen (Intention) lesen lassen.

 

Der  Begriff „Opfer“ bezieht sich nicht nur auf die eucharistischen Opfergaben, sondern auch auf den geleisteten Verzicht (Abgaben an die Kirche, Almosen und Fasten).

 

 

11    Dankgebet

Im eucharistischen Hochgebet der Ostkirchen gedachte man der heilsgeschichtlichen Erlösung.  

Dieses wurde durch spätere Hinzufügungen gegliedert:

 

Gott Vater o. Allerh. Dreifaltigkeit

                                                      <- Sanctus

Gott Sohn

                                                      <- Testamentum Domini &  

                                                                    Anamnese

Gott Hl. Geist

                                                       <- Epiklese

 

 

Das westliche (römische) Hochgebet zerfällt in zwei Teile:

 

A: Dankgebet (Præfation) mit abschließendem Sanctus

B: Opfergebet:    

 

- Bitte um Verwandlung -> Testamentum Domini (Gedächtnis des  

                                                             Einsetzungsberichts)

- Darbringung des Opfers -> Anamnese (Gedächtnis des Todes u. der  

                                                             Auferstehung Christi)

- Bitte um Annahme des Opfers -> Gedächtnis der Opfer Abels, Abrahams

                                                              und Melchisedechs

 

 

Die Opfergebete des römischen Kanons finden wir bereits bei Ambrosius unter dem Titel „De sacramentis“ (Ende des vierten Jahrhunderts?).

 

12   Epiklese

Bei der Wandlungsepiklese handelt es sich um eine Anrufung Gottes mit der Bitte um Verwandlung der Opfergaben in den Leib und das Blut Christi durch den Hl. Geist (=Geistepiklese) oder durch Christus (=Logosepiklese).

Mit dieser Wandlungsepiklese war meistens auch die Bitte um Heiligung der Kommunionsempfänger verbunden (=Kommunionsepiklese).

Die Epiklese befindet sich in der Regel am Ende des eucharistischen Hochgebetes (vor den folgenden Diptychen). Im römischen Kanon befindet sich an dieser Stelle eine Kommunionsepiklese.

 

[Um Irritationen über den Wandlungszeitpunkt zu vermeiden, wurde eine Geistepiklese in den neuen Hochgebeten II bis IV vor die Einsetzungsworte (verba institutionis) eingefügt, und eine Kommunionsepiklese nach der Anamnese.]

 

 

13   Brotbrechung

Das Agnus Dei wurde als Begleitgesang zur Brotbrechung im 7. Jahrhundert eingeführt.

 

 

Im Frühmittelalter setzte sich die Verwendung von Hostien gegenüber gesäuertem Brot durch.  

Danach wurde die Brotbrechung nur noch symbolisch vollzogen. 

 

 

Der Zelebrant läßt bei der Brotbrechung ein kleines Stück des eucharistischen Brotes in den Kelch gleiten: Diese Vereinigung (Immixtio) von Leib und Blut Christi symbolisiert den Auferstandenen Herrn.

 

 

14   Herrengebet

Das Herrengebet wurde in diesem Zusammenhang als eucharistisches Tischgebet verstanden. Im fünften Jahrhundert wurde es in Rom an das Ende des eucharistisches Hochgebets versetzt.

Das Herrengebet besteht aus  

einer Einleitung (Dem Wort unseres Herrn und Erlösers ..."),

dem Herrengebet (Vater unser ..."),

einem Einschub (=Embolismus: „Erlöse uns, Herr, ...")

und einem abschließenden Lobpreis (=Doxologie: „Denn dein ...").

 

 

15   Entlassung der Büßer

Alle, die an der Kommunion nicht teilnahmen (Büßer), wurden vor der Kommunion entlassen. Über sie wurde ein Hauptbeugungsgebet (oratio super populum) gesprochen. 

Aus dieser Entlassung entwickelte sich der (pontifikale) Schlußsegen.

 

 

16   Kommunionsprozession mit abschließendem Gebet

Wäherend der Kommunion wurde ein antiphonaler Psalm gesungen (Communio).

Bei der Kelchkommunion bediente man sich mancherorts (z. B. der Papst) eines Röhrchens (Fistula). Der Empfang des konsekrierten Weines durch die Gläubigen wurde seit dem Hochmittelalter nicht mehr praktiziert (Sorge um Verunehrung des hl. Blutes).

 

 

17   Agape  

„Was ihr bei euren Zusammenkünften tut, ist keine Feier des Herrenmahls mehr; denn jeder verzehrt sogleich seine eigenen Speisen, und dann hungert der eine, während der andere schon betrunken ist.“ (1Kor 11,20f EU)

 

Die Agapefeier im Anschluß an die Messe wurde bereits im Frühchristentum wegen diverser Entgleisungen verboten.

Die Spenden der Gläubigen, welche bei der Gabenprozession abgegeben wurden, wurden von den Diakonen an die Bedürftigen verschenkt.

 

Seit dem Mittelalter sprachen die Zelebranten nach dem Schlußsegen der Meßfeier den Anfang des Johannesevangeliums (Joh 1,1-14); und abschließend die Dankgebete (Rezeß) in der Sakristei.

 

 

Das Hochmittelalter war das Zeitalter der Zurschaustellung. So wurden auch die konsekrierten Hostien ausgestellt („Aussetzung“). Hiebei bediente man sich des Ziboriums (Speisekelch mit Deckel) oder eines Zeigegeräts (Monstarnz / Ostensorium). Die Monstranz wurde auch bei bestimmten Prozessionen (z. B. an Fronleichnam) mitgeführt.   

 

Die Aussetzung des Allerheiligsten konnte zu unterschiedlichen Anlässen stattfinden – zum Beispiel:

-Segensmesse (Aussetzung während einer gesamten  

      Meßfeier)

-Vesper mit sakramentalem Segen (Aussetzung und  

      Segen am Ende des Vespergottesdienstes)

-Ewige Anbetung / Vierzigstündiges Gebet

 

[Die Segensmesse wurde inzwischen verboten.]

 

 

Die Texte für die Meßfeiern sind in den Missalien abgedruckt. Viele Diözesen und Orden hatten ihre eigenen Meßbücher, in welchen - neben den allgemeinen Formularen - auch ihre Eigenfeiern aufgeführt waren.

 

GEGENWART:

 

Das II. Vatikanische Konzil hat die Meßform des 16. Jahrhunderts („Tridentinische Messe“) übernommen, überarbeitet und rationsalisiert:

 

-Landessprache

-Errichtung von Volksaltären

-Mögliche Hinwendung des Priesters zum Volk während des  

       Eucharistischen Hochgebets

-Schaffung neuer Texte (Hochgebete, Präfationen, Schlußsegen,  

       Meßformulare,usw.)

-Neue Leseordnung

-Wiedereinführung der Fürbitten

-Neugestaltung der Gabenbereitung

-Empfang der hl. Kommunion unter beiden Gestalten möglich

-Handkommunion möglich 

-Streichung des Schlußevangeliums

-Streichung vieler Privat- und Begleitgebete des Priesters („Introitus“,  

      Gebete vor und nach der Messe, Gebete zur Weihräucherung, usw.)

- Gesten wurden massiv reduziert (Kreuzzeichen, Verneigungen, usw.)

- usw.

 

Die Revolution der Liturgiereform lag in der Verschiebung der Akzente:

Altrömischer Opfergedanke -> Gedächtnisfeier!

 

Feier der Gemeindemesse:

-Einzug 

-Gesang zur Eröffnung

-Verehrung des Altares

-Begrüßung der Gemeinde

-(Allgemeines Schuldbekenntnis oder sonntägliches Taufgedächtnis)

-Kyrie

-(Gloria)

-Tagesgebet

-(erste Lesung und erster Zwischengesang)

-zweite Lesung und zweiter Zwischengesang  

-(Halleluja und ggf. Sequenz)

-Evangelium

-Homilie

-(Credo)

-Fürbitten

-Gesang zur Gabenbereitung

-Herbeibringen der Gaben

-Zurüstung des Altares

-Händewaschung

-Gabengebet

-Eucharistisches Hochgebet

-Gebet des Herrn

-Brechung des Brotes

-Agnus Dei

-Einladung zur Kommunion

-Kommunionsspendung

-Gesang zur Kommunion

-Schlußgebet

-Segen

-Entlassung

 

Die Spendung der hl. Kommunion außerhalb der Meßfeier kann in unterschiedlichen Feiern stattfinden:

- Krankenliturgie

- Krankenkommunion

- Im Anschluß an einen Wortgottesdienst (z. B. Karfreitag)

- usw.

 

 

[Q: Die Feier der heiligen Messe:

 

Teil 1: Die Sonn- und Feiertage deutsch und lateinisch

Teil 2: Das Meßbuch deutsch für alle Tage des Jahres außerder Karwoche

 

Die Meßbücher müssen noch ergänzt werden durch dieEigenfeiern der Diözesen oder Ordensgemeinschaften.]