„Wer seine Sünden verheimlicht, hat kein Glück,
wer sie bekennt und meidet, findet Erbarmen.“
(Spr(Prov) 28,13 EU)
RÜCKBLICK:
Die frühe Christenheit hatte unter anderem folgendes Problem:
Was tun, wenn ein jemand nach der Taufe eine schwere Sünde (Götzendienst, Unzucht, Mord, usw.) beging?
Die Kirche erlaubte seit dem dritten (Glaubensabfall) bzw. vierten (schwere Sünden) Jahrhundert den Sündern in ihrem Leben eine einmalige zweite Chance:
Die Kanonische Buße:
Der Ablauf des kanonischen Bußverfahrens war ein öffentlicher Akt und bestand aus drei Phasen:
I. Sündenbekenntnis:
Der Sünder bekannte dem Bischof sein Vergehen (wobei die Sünde selbst nicht veröffentlicht wurde). Der Bischof legte die Buße fest und versetzte
den Sünder zu Beginn der Großen Fastenzeit in den Büßerstand (Admission).
II. Büßerstand:
- Ausschluß aus der Kommunionsgemeinschaft
- Teilnahme an den Gottesdiensten („Büßermessen“)
- Fasten, Gebet, Almosen usw.
- z. T. lebenslange Einschränkungen: Kein ehelicher Verkehr, keine
Wiederverheiratung nach dem Tod des Ehepartner, keine
öffentl.Geschäfte, usw.
- die Büßer (Pönitenten) wurden durch das Gebet der Gläubigen begleitet!
III: Wiederversöhnung (Rekonziliation):
Die Wiederaufnahme in die Kommunionsgemeinschaft geschah gewöhnlich in der Karwoche (Gründonnerstag) durch den Bischof (Papst):
- Handauflegung und Gebet
Im Mittelalter kamen weitere (z. T. theatralische) Elemente hinzu (Bußpsalmen, Allerheiligenlitanei, Bestreuung mit Asche, Anlegen des Bußgewandes, usw.).
Die Auflagen für die Büßer waren zum Teil so lang und schwer, daß die kanonische Buße immer mehr auf das Lebensende aufgeschoben wurde. Sie wurde mit der Zeit ein Bestandteil der Sterbesakramente (siehe Krankenliturgie).
In der Klosterregel des hl. Benedikts von Nursia wurden zwei Bußformen nebeneinander praktiziert (RB 46): die öffentliche und die charismatische Buße:
Hatten die Mönche einen Fehler gegenüber der Gemeinschaft begangen, so mußten sie diesen von sich aus dem Abt und der Klostergemeinschaft bekennen (capitulum culparum). Daraufhin legte der Abt die (zeitlich begrenzte) Buße fest.
Hatten die Mönche hingegen persönliche Sünden, dann öffneten sie dem Abt oder einem geistlichen Vater ihr Herz, damit dieser ihre Wunden heilen möge.
Die private Seelenführung und die öffentliche Buße standen sich - vielleicht von Anfang an - konkurrierend gegenüber.
Beichte:
Durch die neue Praxis der irischen Mönche bekam das Bußsakrament eine neue Wendung: Bekenntnis aller Sünden bei einem Priester. Dieser legte die Buße nach dem Schweregrad der Sünden fest (Bußkatalog); und nach abgeleisteter Buße erfolgte die Absolution.
Diese private Beichte konnte – im Gegensatz zur kanonischen Buße – wiederholt werden, und das Ende der Bußzeit war absehbar.
In einer weiteren Entwicklungsphase wurden Sündenbekenntnis und Absolution in einer Feier vollzogen: Absolution vor Ableistung der Buße!
Bevor ein Priester die Beichten abnehmen durfte, mußte er eine Genehmigung des jeweiligen Ortsbischofs besitzen.
Die Absolution bestimmter Sünden, die Aufhebung bestimmter Kirchenstrafen und die Gewährung von Dispens blieben aber weiterhin das Vorrecht des Apostolischen Stuhls (oder Ortsbischofs).
Beichtstühle mit Trennwand und Gitter wurden im Barock üblich.
Bei der Beichte nahm der Priester symbolisch die sitzende Haltung eines Richters ein, während der Pönitent reuevoll niederkniete.
Die Kirchenstrafen (Beugestrafen) bestanden unter anderem aus
- Exkommunikation (Ausschluß aus der Kirchengemeinschaft),
- Suspension (Amtsenthebung)
- oder Interdikt (ggf. Verbot der Sakramentalien- und
Sakramentenspendung).
Ein Teil dieser Zesuren konnten auch im Rahmen einer Beichte wieder aufgehoben werden.
Ablaß:
Die bei der Beichte verhängte Buße konnte – je nach Schweregrad der Sünde – über Jahre dauern. Diese Bußzeit konnte durch bestimmte religiöse Übungen verkürzt werden (z. B. das Wallfahren zu den sieben Pilgerkirchen Roms in den Heiligen Jahren). Diese Ablässe konnte man auch den Armen Seelen im Fegefeuer zuwenden.
GEGENWART:
Die Ohrenbeichte wurde übernommen. Lediglich die Lossprechung von den Sünden wurde durch ein Absolutionsgebet aus zwei Teilen ersetzt:
„Gott, der barmherzige Vater ...“ (deprekative Form)
„So spreche ich dich los ...“ (indikative Form)
* Die Feier der Versöhnung für Einzelne:
- Begrüßung
- Sündenbekenntnis
- Genugtuung (Auferlegung einer Buße)
- kurzes Reuegebet
- Lossprechung (Absolution)
- Entlassung
Anstelle der Beichte im Beichtstuhl kann nun auch mancherorts ein Beichtgespräch in einem Beichtzimmer stattfinden.
Die Einzelbeichten können auch innerhalb eines gemeinsamen Gottesdienstes (z. B. Bußandacht) stattfinden.
* Generalabsolution:
In besonderen Notsituationen kann eine Generalabsolution erteilt werden: Einzeln, oder gemeinsam im Rahmen einer kleinen liturgischen Feier. An die Stelle des persönlichen Sündenbekenntnisses tritt das Allgemeine Schuldbekenntnis („Confiteor“). Die Gläubigen sind dann trotzdem verpflichtet, schwere Sünden (innerhalb eines Jahres) zu beichten.
* Vollkommener Ablaß in der Sterbestunde:
Dieser Plenarablaß wird gewöhnlich während der Krankenliturgie („Versehgang“) gespendet.